Virtuelle Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch (vZEV): Gemeinsam Strom nutzen
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19.12.2024

Ab dem 1. Januar 2025 wird in der Schweiz ein neues Kapitel in der Nutzung erneuerbarer Energien aufgeschlagen: Mit der Einführung der virtuellen Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch (vZEV) wird ein innovatives Modell ermöglicht, das es verschiedenen Parteien erlaubt, gemeinsam selbst erzeugten Strom zu nutzen – ohne den physischen Zusammenschluss, der bisher bei klassischen Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch (ZEV) erforderlich war.

Was ist ein virtueller Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (vZEV)?

Ein vZEV ist ein Zusammenschluss von Stromverbraucher*innen, die den gemeinsam erzeugten Strom – beispielsweise aus einer Photovoltaikanlage – nutzen können, ohne dass physische Leitungen zwischen den einzelnen Parteien bestehen. Stattdessen kann die Anschlussleitung bis zum Netzanschlusspunkt des öffentlichen Stromnetzes genutzt werden. Grundlage für diese Neuerung ist das revidierte Stromversorgungsgesetz, das im Rahmen des Mantelerlasses verabschiedet wurde. Dieses erlaubt den virtuellen Zusammenschluss, indem die bestehenden Anschlussleitungen weiterhin genutzt werden.

Ziele und Vorteile des vZEV

Die Einführung des vZEV ist ein Meilenstein für die Energiewende in der Schweiz und bietet zahlreiche Vorteile, sowohl für die Nutzer*innen als auch für die Umwelt:

  1. Nutzung bestehender Infrastruktur
    Anders als beim klassischen ZEV können die vorhandenen Anschlussleitungen zum Verteilnetz genutzt werden. Dadurch entfällt die Notwendigkeit, neue physische Verbindungen zu schaffen.
  2. Kosteneffizienz
    Die Einsparungen durch den Wegfall neuer Leitungen und Umbauten senken die Investitionskosten erheblich. Dies macht das Modell besonders attraktiv für kleinere Gemeinschaften oder Haushalte, die sich keine kostenintensiven Infrastrukturmassnahmen leisten können.
  3. Flexibilität
    Mit einem vZEV können auch voneinander entfernte Gebäude oder Haushalte, sofern sie denselben Netzanschlusspunkt haben, Strom gemeinsam nutzen.
  4. Virtuelle Messpunkte
    Dank virtueller Messpunkte kann der gemeinschaftliche Eigenverbrauch ohne grossen technischen Aufwand und Umbau realisiert werden, indem die Messdaten mehrerer Zähler virtuell zusammengefasst werden.
  5. Erhöhter Eigenverbrauch
    Die gemeinschaftliche Nutzung erhöht den Anteil des Eigenverbrauchs. Dies verbessert nicht nur die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen, sondern trägt auch zur Reduzierung des Bezugs von Strom aus fossilen Quellen bei.
Die verschiedenen Eigenverbrauchsmodelle

Netztopologie: Grundlage für die Teilnahme an einem vZEV

Die Teilnahme an einem vZEV setzt voraus, dass alle Parteien denselben Netzanschlusspunkt haben, beispielsweise über die gleiche Verteilkabine im lokalen Stromnetz. Die genaue Netztopologie ist ein entscheidender Faktor, der vor der Gründung eines vZEV geprüft werden muss. Lokale Elektrizitätswerke, wie die Elektra, unterstützen Interessierte bei der Abklärung dieser Voraussetzung.

Blick in die Zukunft: Lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG)

Parallel zur Einführung des vZEV wird ab dem 1. Januar 2026 ein weiteres Modell zur gemeinschaftlichen Energieversorgung umgesetzt: die Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG). Diese ermöglichen es, lokal erzeugten Strom über das öffentliche Netz innerhalb eines Quartiers oder einer Gemeinde zu vermarkten. Während sich vZEVs auf den Eigenverbrauch fokussieren, bieten LEG eine Plattform zur Optimierung des Handels mit lokal erzeugtem Strom. Details zur praktischen Umsetzung der LEG sollen gegen Ende des ersten Quartals 2025 bekannt gegeben werden.

Fazit: Ein Schritt näher zur Energiewende

Mit der Einführung der virtuellen Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch setzt die Schweiz ein starkes Zeichen für die Förderung erneuerbarer Energien und die Dezentralisierung der Energieversorgung. Das vZEV-Modell ist nicht nur eine kosteneffiziente und flexible Lösung, sondern auch ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Zukunft. Insbesondere in Kombination mit den ab 2026 geplanten lokalen Elektrizitätsgemeinschaften eröffnen sich neue Möglichkeiten für Bürger*innen, die Energiewende aktiv mitzugestalten.

Sind Sie an einer vZEV interessiert?

Reichen Sie eine Anfrage bezüglich der Netztopologie über das Anmeldeformular ein. Innert 15 Arbeitstagen melden wir uns bei Ihnen mit den Adressen, für welche eine vZEV möglich ist.

Anfrage vZEV

Häufige Fragen Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch (ZEV und vZEV)

Was ist ein ZEV / vZEV?

Ein Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) oder ein virtueller Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (vZEV) ist ein Zusammenschluss mehrerer Parteien, die einen Teil ihres Strombedarfs durch eine vor Ort installierte Solaranlage decken. Der Besitzer oder die Besitzerin der Solaranlage verkauft den selbst produzierten Solarstrom an die teilnehmenden Parteien. Alle Teilnehmenden werden hinsichtlich des Stromverbrauches, wie ein einziger Endverbraucher, behandelt.

Was ist der Unterschied zwischen ZEV und vZEV?

Ein ZEV kann nur hinter dem Anschlusspunkt (Hausanschlusskasten) realisiert werden, während bei einem vZEV die Anschlussleitung bis zum Netzanschlusspunkt genutzt werden kann. Bei einem ZEV erfolgen zudem alle Messungen aller Teilnehmenden privat, während bei einem vZEV weiterhin alle Messungen durch die Elektra durchgeführt werden.

Welche Pflichten hat ein Eigentümer*in gegenüber den Teilnehmenden am ZEV/vZEV?

Ein ZEV/vZEV ist privatrechtlich organisiert, und die beteiligten Parteien können ihre Verträge und Abrechnungen individuell gestalten.

  • Als Eigentümer*in/Verwalter*in sind Sie für die Energieversorgung der Teilnehmenden am ZEV/vZEV verantwortlich.
  • Sie müssen die Teilnehmenden am Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (z.B. Stockwerkeigentümer, Mieterinnen, Nachbarn) über die Einrichtung und Durchführung des Eigenverbrauchs detailliert informieren und sie insbesondere darauf hinweisen, dass mit Teilnahme am ZEV/vZEV die Elektra nicht mehr für Ihre Grundversorgung zuständig ist.
  • Besteht bereits vor der Einrichtung des ZEV/vZEV ein Miet- oder Pachtverhältnis, müssen Sie als Eigentümer*in/Verwalter*in Ihre Mietenden darüber informieren, dass sie sich anstelle der Teilnahme am ZEV/vZEV auch für die Grundversorgung durch die Elektra entscheiden können.

Was muss man bei einem ZEV/vZEV im Verhältnis mit der Elektra beachten?

Die Endverbrauchenden in einem ZEV/vZEV werden hinsichtlich des Elektrizitätsbezugs gemeinsam wie ein einziger Endverbraucher behandelt. Die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer benennen für die Elektra eine Vertretung. Detaillierte Angaben zur Vertretung des Zusammenschlusses sind mit der Einreichung des Anmeldeformulars der Elektra anzugeben. Informationen betreffend Netzanschluss, Avisierung bei Versorgungsunterbrüchen etc. erfolgen jeweils nur an die Vertretung.

Wie erfolgt die Abrechnung der vZEV und der einzelnen Teilnehmenden?

Die interne Abrechnung der einzelnen Teilnehmenden des ZEV/vZEV obliegt der/dem Vertreter*in der ZEV/vZEV. Die Elektra erstellt eine Abrechnung für die aus dem Netz bezogene Energie, die sowohl die Netznutzung, Abgaben als auch die Energie in der Grundversorgung umfasst. Diese Rechnung wird für die gesamte ZEV/vZEV summiert gestellt. Grundlage für die Rechnungsstellung und Rückvergütung sind bei einem ZEV die über den Messpunkt des Zusammenschlusses am Anschlussobjekt erhobenen Messdaten oder bei einer vZEV die Daten über den virtuellen Messpunkt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Elektra nur die Gesamtabrechnung für die ZEV/vZEV erstellt und die detaillierte Abrechnung auf die einzelnen Teilnehmenden nicht Teil der Abrechnung der Elektra ist.

Wie funktionieren virtuelle Messpunkte und die Abrechnung in einem vZEV?

Die Stromzähler der einzelnen Verbrauchenden werden softwareseitig zu einem virtuellen Verbund zusammengeführt. Smart Meter ermöglichen die Aufzeichnung und Abrechnung der Stromproduktion und des Verbrauchs für jede*n Teilnehmenden.

Bin ich als Teilnehmende am ZEV/vZEV immer noch Kunde bzw. Kundin der Elektra?

Die einzelnen ZEV/vZEV-Teilnehmenden sind nicht mehr Kunden der Elektra. Alle Fragen bezüglich der Stromlieferung müssen sie mit der ZEV/vZEV-Vertretung klären.

Wie wird das Verhältnis – 10 % – der Produktionsleistung zur Anschlussleistung berechnet?

Die Anschlussleistung wird anhand der Sicherungsgrösse im Hausanschlusskasten (HAK) berechnet. Dabei wird die Sicherung in Ampere in Kilowatt (kW) umgerechnet. Ein typisches Einfamilienhaus hat eine 40 Ampere Sicherung, was einer Leistung von 28 kW entspricht. Für die Bildung eines vZEV muss die Summe der Produktionsleistung aller PV-Anlagen mindestens 10 % der Anschlussleistung aller Teilnehmenden des Zusammenschlusses betragen.

Berechnungsbeispiel: Angenommen, drei Einfamilienhäuser nehmen an einem vZEV teil. Jedes Haus ist mit einer 40 Ampere Sicherung ausgestattet, was einer Leistung von etwa 28 kW entspricht. Die gesamte Anschlussleistung des Zusammenschlusses beträgt somit 3 x 28 kW = 84 kW. Wenn die PV-Anlage eine Produktionsleistung von 10 kWp hat, muss die Produktionsleistung mindestens 10 % der gesamten Anschlussleistung betragen, also 8.4 kW. Da die PV-Anlage 10 kWp produziert, erfüllt sie diese Anforderung und die drei Häuser können von den Vorteilen eines vZEV profitieren.

Ich möchte eine vZEV umsetzen. Wie muss ich vorgehen?

  1. Anfrage an Elektra: Reichen Sie eine Anfrage für vZEV bezüglich der Netztopologie über das Anmeldeformular ein.
  2. Auskunft von Elektra: Innerhalb von 15 Arbeitstagen erhalten Sie eine Rückmeldung über die Möglichkeiten einer vZEV.
  3. Antrag an Elektra: Melden Sie die ZEV oder vZEV-Teilnehmenden inklusive der Bestätigung des Einverständnisses und bestimmen Sie den/die Vertreter*in des vZEVs.
  4. Prüfung des Antrags: Elektra prüft den Antrag hinsichtlich des Verhältnisses von Produktionsleistung zu Bezugsleistung, des gleichen Netzanschlusspunktes und der Einverständnisse.
  5. Umsetzung durch Elektra: Elektra installiert die Smart Meter und setzt die vZEV um.

Wer ist für den Unterhalt der Anschlussleitung zuständig?

Am Eigentum der Anschlussleitung oder den Unterhaltskosten entsteht durch die Bildung einer vZEV keine Änderung. In den meisten Fällen ist die Anschlussleitung im Eigentum der Elektra und wird weiterhin durch die Elektra unterhalten. Das bedeutet, dass die Elektra für die Wartung und Instandhaltung der Anschlussleitungen verantwortlich bleibt.

Ich wohne in einer Mietwohnung und möchte gerne an einer vZEV teilnehmen. Kann ich das?

Nein, als Mieter*in können Sie nicht eigenständig entscheiden, an einer vZEV teilzunehmen. Die Teilnahme an einer vZEV erfordert das Einverständnis der/des Grundeigentümer*in. Es ist daher wichtig, dass Sie sich mit Ihrer/Ihrem Vermieter*in oder der Hausverwaltung in Verbindung setzen, um die Möglichkeit einer Teilnahme an einer vZEV zu besprechen.

Ist eine ZEV mit Privatmessungen weiterhin möglich?

Ja, eine ZEV kann weiterhin mit Privatmessungen realisiert werden. Dies bedeutet, dass die Messungen und Abrechnungen innerhalb des ZEVs privat organisiert und durchgeführt werden können. Die beteiligten Parteien können ihre eigenen Messgeräte verwenden und die Abrechnung des gemeinsam genutzten Stroms selbst verwalten. Die Hauptmessung erfolgt wie bisher durch die Elektra.

Kann ich eine vZEV auch mit Privatmessungen realisieren?

Nein, dies ist nicht möglich. Alle abrechnungsrelevanten Messungen zur Bildung der virtuellen Messung müssen durch die Elektra realisiert werden. Dies stellt sicher, dass die Messdaten korrekt und zuverlässig erfasst werden, was für die genaue Abrechnung und Verteilung des Stroms innerhalb der vZEV unerlässlich ist. Die Elektra verwendet Smart Meter, die die notwendigen Daten erfassen und eine präzise virtuelle Zusammenführung der Messwerte ermöglichen. Privatmessungen sind nicht zulässig.

Ich und mein*e Nachbar*in betreiben je eine ZEV. Können wir gemeinsam eine vZEV gründen?

Ja, wenn die beiden bestehenden ZEVs denselben Netzanschlusspunkt besitzen, können Sie gemeinsam eine vZEV gründen. Dies bedeutet, dass die Anschlusspunkte beider ZEVs an derselben Verteilkabine oder demselben Netzanschlusspunkt liegen müssen. In diesem Fall können die Messdaten der verschiedenen Zähler virtuell zusammengeführt werden, um eine gemeinsame Nutzung des selbst erzeugten Stroms zu ermöglichen. Es ist wichtig, dass alle technischen und administrativen Anforderungen erfüllt werden und die Zustimmung aller beteiligten Parteien vorliegt.

Was passiert, wenn sich die Netztopologie ändert, z.B. durch Netzerweiterungen?

Innerhalb eines Netzgebietes kann sich die Netztopologie ändern, indem z.B. neue Verteilkabinen oder Trafostationen realisiert oder bestehende versetzt werden. Entsprechend kann sich auch der Netzanschlusspunkt ändern. Falls die vZEV aufgrund der geänderten Netztopologie in der bestehenden Konstellation nicht mehr zulässig ist, teilt die Elektra dies der/dem Vertreter*in der vZEV mit und ermöglicht eine Anpassung der Teilnehmenden innerhalb von 12 Monaten. Dies gibt den Beteiligten ausreichend Zeit, die notwendigen Änderungen vorzunehmen und sicherzustellen, dass die vZEV den gesetzlichen und technischen Anforderungen entspricht.

Autor*in Esther Trummer
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